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Kranzberg-Skisaison: „Eine Katastrophe“

Mittenwald – Die Wurmers haben in den zurückliegenden 54 Jahren oben auf dem Kranzberg schon einige frustrierende Winter erlebt. „Doch das war der schlimmste“, redet Klaus Wurmer (51) nicht lange um den heißen Brei. Er und seine Frau Kathrin haben – wirtschaftlich gesehen – im Skiparadies Kranzberg die Hölle erlebt. „Eine Katastrophe“, findet die Betreiberin der Luttensee- und Wildenseelifte angesichts der verheerenden Bilanz für die Skisaison 2023/2024, die man mit einem satten Minus abschließt.
Ein klares Indiz für die alarmierende Situation: Nur 35 Betriebstage – und die teils sehr eingeschränkt – stehen letztlich zu Buche. Normalerweise sollten es 90 sein. Mit anderen Worten: Zwei Drittel weniger Liftbetrieb, zwei Drittel weniger Umsatz. Ein Fiasko. „Ja, es ist ziemlich krass“, räumt Klaus Wurmer ein, dessen Vater Peppi Ende der 1960er auf dem Mittenwalder Sonnenberg mit viel Ausdauer ein familienfreundliches Skigebiet zwischen 900 und 1300 Höhenmetern geschaffen hatte. Viele Einheimische machten hier ihre ersten Schwünge. Aber beständige Winter gibt es in Zeiten des Klimawandels auf dem Kranzberg schon lange nicht mehr. Oft müssen die Wurmers und ihre bis zu 25 Mitarbeiter der weißen Pracht dank moderner und energie-intensiver Technik auf die Sprünge helfen. Doch selbst künstliche Beschneiung hatte in dieser verkorksten Saison mitunter der Teufel gesehen. Nur ungern erinnert sich Klaus Wurmer an den Dezember. „Da hätten wir beschneien können, doch wir hatten keinen Strom.“ Der Schneebruch hatte die Leitungen gekappt. Einfach exemplarisch für den historisch schlechten Skiwinter auf dem Kranzberg.
Doch Schlussmachen ist für die gebeutelten Liftbetreiber nach wie vor keine Option. „Wir geben nicht auf“, versichert Klaus Wurmer. Aber über kurz oder lang wird der Familienbetrieb die Winter-Lotterie alleine nicht mehr stemmen können. Der Mittenwalder sucht mehr denn je das Gespräch mit der Politik. „Beim Eisstadion gab’s ja auch Unterstützung.“
Neben einem Hilferuf ans Rathaus kontaktierte Wurmer beim Politischen Frühschoppen der CSU unlängst auch den Bundestagsabgeordneten Alexander Dobrindt. Eine Stunde sollen die beiden zusammengesessen sein. „War ein Super-Gespräch.“ Und möglicherweise eröffnen sich ja Möglichkeiten über die bayerische Staatsregierung. Ohne Finanzspritzen wird’s nämlich immer zäher. „Denn viele Reserven haben wir nicht mehr“, räumt der Liftbetreiber ohne Umschweife ein.
Gerne würde Wurmer sich auch Partner ins Boot holen, spricht etwa vom Crowdfunding, bei dem Anleger gemeinsam in ein Projekt investieren. Der 51-Jährige kann sich zudem einen „Verein für den Kranzberg“ vorstellen – ebenso einen Sommerbetrieb. Denn Mountainbikes können auch mit einem Schlepplift befördert werden. Umso interessanter findet der Liftbetreiber die Idee des Bikeclubs Mittenwald vom sogenannten Flowtrail – eine ausgewiesene Strecke für Mountainbiker. In diesem Kontext erinnert Wurmer daran, dass man pro Jahr im Sommer etwa 75 Hektar mulche, um eine Verbuschung der Skihänge zu verhindern.
Das alles weiß natürlich der Bürgermeister. Enrico Corongiu (SPD) weiß aber auch, dass das fragliche Terrain „der Hausberg der Einheimischen und ein beliebtes Wandergebiet“ ist. Gleichwohl soll es im März mit allen Betroffenen unter der Regie der beiden SPD-Gemeinderätinnen Bärbel Rauch und Ursula Seydel ein Gespräch über ein Ganzjahreskonzept geben. Eines liegt für Corongiu dabei auf der Hand: „Wenn wir einen Skibetrieb durchziehen wollen, dann brauchen wir auch eine wirtschaftliche Nutzung im Sommer.“ Einen Winterzuschuss von Seiten der Gemeinde für die privat betriebenen Skilifte indes wird’s nicht geben. „Das ist rechtlich nicht möglich, eine Förderung wäre nicht zulässig.“
Quellenangabe: Garmisch-Partenkirchner Tagblatt vom 28.02.2024, Seite 38